Osh - Müßiggang (?) in Kirgisistan

04.07.2013 - 13.800 km

Am Nachmittag kommen wir in Osh an - das ist ein ganz schöner Gegensatz zum Pamirgebiet: Umgeben von Grün, voller Menschen, laut und bunt. Da wir einige Zeit städtisches Leben benötigen, um Verschiedenes zu erledigen, ist diese Stadt eine gute Wahl, wie wir finden. Das Finden einer Unterkunft allerdings bleibt erst einmal im kirgisischen Feierabendverkehr stecken. Wir haben es fertig gebracht, in eine Hauptstraße abzubiegen, in der wohl alle Busse Kirgisistans ihren Halt machen. Einspurig, versteht sich, und damit man ja nicht auf die Idee kommt, zu wenden und alles völlig durcheinander zu bringen, befindet sich in der Fahrbahnmitte eine ein Meter hohe durchgängige Mauer. Also festgefahren - die Ursache, warum wir für 100 m eine halbe Stunde brauchen, ist schnell gefunden, denn jeder Bus fährt erst weiter, wenn er voll ist oder absolut niemand mehr zu erwarten ist.

Als wir reichlich gar gekocht unser Guesthouse erreichen, teilt man uns mit, dass kein Zimmer frei sei. Im Garten stehen zwei Jurten, die ebenfalls belegt sind. Erschöpft plumpsen wir auf eine Bank, um uns zu beraten, als einer der Jurtenbewohner, ein Schweizer, uns anbietet, seine "Mupfel" (*) mit uns zu teilen, da er sowieso morgen um 5 Uhr die Stadt verlassen wird.
Wir sind glücklich und ziehen bei ihm ein!
Motorengeräusche lassen uns in den Garten schauen, und eine BMW 1200 GS aus Frankreich parkt ein. Der Fahrer (15) (!) und seine Sozia (seine Mutter) begrüßen uns und den jüngeren Sohn Robin (12), der hier auf sie wartete. Wir erfahren, dass der Vater mit seinem Motorrad noch in einer Werkstatt beschäftigt ist, weil der Familien-Truck kaputt ist, in dem sie auch ihre vier Motorräder um die Welt transportieren. Moment mal, die Geschichte kommt uns doch bekannt vor!
Was für eine Wiedersehensfreude, als wenige Zeit später Yannick aus der Werkstatt kommt, lernten wir ihn doch vor Wochen kennen, als er total abgebrannt, ohne Familie und ohne Truck mit seinem Motorrad vor unserer Herberge in Duschanbe stand. Zur Erklärung ein Zitat von uns, 14.06.:

"Wir helfen Yannick aus Frankreich aus der Patsche, indem wir ihn zunächst mit Wasser und Bananen versorgen und ihn anschließend mit seiner Bank skypen lassen, weil sein Handy leer ist und er nur noch zwei Som in der Tasche hat. Hintergrund: Er steht mit seiner BMW in der Einfahrt und sieht absolut fertig aus. Wir erfahren, dass er und seine Familie mit einem 7m-MAN-Cat in Murghab (900 km Piste entfernt) im Matsch stecken blieb und für die Bergung mittels einheimischem Kamaz richtig zahlen musste. Um Geld zu organisieren und um irgendwelche Visa hier abzuholen, rumpelte er mit seiner mitgeführten BMW die Strecke in zwei Tagen zurück, schlief nachts in irgendeiner kleinen Moschee in den Bergen und konnte am Nachmittag darauf, nach erwähnten Skype-Gesprächen, alles Gewünschte bekommen, was so ein Reisender auf Sondermission eben braucht. Anschließend lädt er uns netterweise zum Essen ein und ist nun auf dem Weg zurück zu seiner gestrandeten Familie."

Nun hat der Truck massive Beschwerden an Kupplung und Getriebe, und die Familie wohnt in der zweiten Jurte. Wir verbringen zunächst den Abend mit ihnen und haben viel Spaß.
Am nächsten Morgen schwingen wir uns aufs Motorrad und fahren mit Yannick zur nicht weit entfernten Werkstatt, um uns das Malheur anzusehen. Kaum auf den Platz eingebogen, überkommt mich eine heftige Übelkeit, die mich kaum noch auf Thomas´ Sozius sitzen lässt. Er bringt mich gleich zurück, damit ich mich hinlegen kann. Mir ist so schlecht, dass ich mich kaum zu lassen weiß, dazu kommen Muskel- und Nervenschmerzen. Ich dämmere vor mich hin, bis ich im Schummerlicht der Jurte sehe, dass es auch Thomas erwischt hat, der nun neben mir liegt.
Es folgen ein Tag und eine Nacht, deren Einzelheiten zu schildern ich mit spare. Es sind wohl Salmonellen einer unbekannten Unterart, die uns so zu schaffen machen. Wir werden freundlich von Muriel und Yannick mit Kohletabletten und Bananen versorgt, und am nächsten Tag geht es wieder bergauf mit uns. Erschwerend hinzu kommt aber, dass es bereits am Tag zuvor zu gewittern begonnen hat, und die Wolle der Jurte saugt sich mit Regen voll, so dass nach einiger Zeit alles nach "nasser Hund" riecht. Puh, und wenn dann die Sonne wieder drauf scheint - davon wird uns wieder so schlecht, dass wir gern in ein nun frei gewordenes Zimmer des Guesthouses umziehen. Das aber ist für den nächsten Tag reserviert, und wir finden wiederum einen Tag später bequem und sehr preiswert Unterkunft im Konferenzraum des Hauses, aus dem wir uns bis jetzt nicht wieder "ausziehen" lassen. Thomas weigert sich wieder umzuziehen, zumindest bis die nächste Konferenz stattfindet. Die Guesthouse-Leitung trägt´s mit Fassung …

Der Truck der Franzosen läuft nach neun Tagen immer noch nicht - wir beide wollen noch zwei Tage bleiben und hoffen, dass auch die Franzosen bald wieder zu Potte kommen!

(*) Mupfel, Definition lt. Quelle Wikipedia "Urmel aus dem Eis" (Kinderbuch v. Max Kruse):
Der Waran Wawa lebt in einer Muschel, die am Strand von Titiwu liegt. (…) Ping, ein Pinguin, ist neidisch auf Wawas Muschel und möchte gerne auch eine haben. Er versucht mehrmals, Wawas Muschel zu besetzen. Sein Sprachproblem ist das sch; er sagt stattdessen pf. Ein geflügeltes Wort aus dieser Geschichte ist daher „Mupfel“, wie Ping die Muschel nennt, in der Wawa gerne liegt und entspannt.

Arslanbob - Wir kommen in die Hufe

11.07.2013

Arslanbob? Was ist das denn - eine neue Abfahrtssportart?
Weit gefehlt, allenfalls stimmt überein, dass es etwas mit Bergen zu tun hat. Arslanbob ist ein kleines Dorf 45 km nördlich von Jalal-Abad in einer Sackgasse gelegen, an deren Ende die Berge des Fergana Range wie ein 4.500 m hoher Riegel das Tal verschließen. Idylle pur erwartet uns hier! Klare Bäche, die Wiesen und Wälder durchziehen, Wasserfälle und der Welt größter uralter Walnusswald umgeben Arslanbob. 1.500 Tonnen Nüsse werden in jedem Jahr von den Einwohnern gesammelt, was bereits seit den alten Seidenstraßen-Zeiten zu einem nicht unbeträchtlichen Wohlstand führen mag. Die malerische Umgebung zieht vor allem lokale Touristen aus Osh und Jalal-Abad an, Ausländer wie uns finden wir so gut wie keine an diesem schönen Ort. Die Straße nach Arslanbob ist erst seit wenigen Jahren asphaltiert, im Dorf selbst gibt es gar keinen Asphalt. Die Wege bestehen aus Schotter und dicken Wackersteinen, und wegen der Steilheit ist es nicht so einfach, die Motorräder dort herumzubugsieren.

Wir haben keinen Plan vom Reiten, freuen uns aber riesig, als eines morgens ein Guide auf seinem Pferd samt zwei Pferden für uns beide vor dem Tor unseres Hauses stehen. Es wird nicht lange gefackelt: Nach einer Kurz-Einweisung des Besitzers Rasul, der uns zeigt, wie man sich Pferden nähert, auf- und absteigt, lenkt und wie sich "Gas" und "Bremse" betätigen lassen, geht es sofort los. Nix Führstrick - wir sind uns selbst überlassen und vertrauen auf die Nachsicht und Gutmütigkeit unserer vierbeinigen Untersätze. Und die können was - es geht buchstäblich über Stock und Stein, durch Flüsse und an steilen Abhängen vorbei auf Wegen, die Trampelpfadbreite haben und zum Teil so steil und uneben sind, dass wir Mühe hätten, sie auf eigenen Füssen zu bewältigen. An mancher Stelle wird mir ganz schön flau, dann lenke ich den Blick zur Bergseite und hoffe, dass das Tierchen weiß, was es tut! Auf dem Motorrad muss man sich ja um alles selbst kümmern ...

Kirgistan - Über Stock und Stein zu klaren Wassern

15.07.2013, 14.094 km von zuhause

Wir könnten auch einfach der M41 weiter nach Bischkek folgen, aber die umgebenden Berge sind zu verlockend, als dass wir eine kleine Abzweigung in Tash Kömür einfach ignorieren könnten. Ein Blick auf die Karte verheißt Gutes: Vor uns liegt eine Sackgasse von gut 90 Kilometern Länge, die am Gebirgssee Sary Chelek enden soll. Nachdem wir noch Brot und ein paar Tomaten gekauft haben, geben wir Gas und durchfahren das schöne Tal immer weiter flussaufwärts.

Kirgistan - Ins Tien-Shan-Gebirge

22.07.2013 - 15.200 km von zu Hause

Die Schotterstraße nach Kochgor fällt für uns flach. Mein Gepäckträger ist zum vierten Mal gebrochen, wieder an einer anderen Stelle. Dass das mal nicht zur Gewohnheit wird! Wir sichern ihn mit einem Gurt und verzichten auf besagte Strecke, um im Gerumpele nicht die Hälfte zu verlieren. Die Gelegenheit ist günstig, statt dessen der perfekt ausgebauten Straße nach Bishkek zu folgen, um nachzusehen, ob unser Paket mit diversen Teilen aus Deutschland bereits im Philemon Guesthouse angekommen ist.

Das Paket ist nicht da, es besteht also kein Grund, länger als eine Nacht in Bishkek zu verbringen. Die Berge des Tien-Shan rufen! 

Kirgistan - Pisten statt Pakete

29.07.13 - Immer noch keine Ersatz-Verschleißteile aus Deutschland!

Wir haben unsere liebe Not, nach dem Verbleib der beiden Pakete, die uns aus Deutschland erreichen sollen und unter anderem unsere Reifen enthalten, zu forschen. DHL in der Heimat ist immerhin der Meinung, dass die Sachen Deutschland verlassen haben, leider endet das Online- Tracking offensichtlich mit der Übergabe an ein außerheimatliches Flugmedium. Immerhin haben wir die kirgisische Tracknummer und wollen mit Hilfe eines Einheimischen telefonisch dem kirgisischen Zoll auf den Zahn fühlen - ohne Erfolg, keiner weiß irgendwas, um es mal kurz zu fassen. 17 Tage werden wir noch in Kirgistan sein, für den 15.08. steht die Einreise nach China auf dem Plan. Drückt die Daumen, dass wir das ausgerüstet mit neuen Reifen und anderem Zeugs tun dürfen …

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